Starke Meinungen, 30. September 2011

Herrschergrüße aus Moskau

Es lebe der Zar! Wladimir Putin kandidiert wieder als Präsident – es regiert die Macht des Stärkeren

Sein Name ist Putin, Wladimir Putin. Er hat die Lizenz zum Herrschen. Der von ihm selbst erteilte Auftrag: Russlands Geschicke lenken, auf Dauer. Gegner? Werden – sofern überhaupt vorhanden – umgehend ausgeschaltet. Schließlich ist der durchtrainierte Mann ein Meister des politischen Nahkampfs. Wer sich ihm in den Weg zu stellen wagt, weiß, dass er am Ende stets den Kürzeren ziehen wird. Sein jüngstes Opfer: Dmitri Medwedew, von Amts wegen russischer Präsident. In Wirklichkeit aber eine männliche Variante von Miss Moneypenny. Putin möchte, dass … – Dmitri macht’s möglich. Wladimir will wieder regieren, und das länger als je zuvor? Gleich einem Zar? Wird erledigt! Ebenso wie Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Braucht eh keiner in Russland. Der ehemalige KGB-Agent wird’s schon richten. Nach bewährter Manier.

Nur, dass diese Manier so gar nichts mit Volksherrschaft und Freiheit zu tun hat. In dem riesigen Reich hat nur einer das Sagen, Punktum. Putins Inthronisation durch Statist Medwedew am vergangenen Samstag diente lediglich dazu, eine Tatsache  zu versinnbildlichen, an der ohnehin kein Russe ernsthaft zweifelt: Von Demokratie ist der einstige Arbeiter- und Bauernstaat so weit entfernt wie James Bond von einem Techtelmechtel mit der Queen. Auch sogenannte Wahlen können diesen Umstand allenfalls aufs Notdürftigste kaschieren.

Nun könnte man den Bürgern von Moskau bis Wladiwostok vorwerfen, dass sie sich das einfach so gefallen lassen. Doch das wäre mehr als wohlfeil und ziemlich selbstgefällig, ja selbstgerecht. Denn gerade der Westen, einschließlich Deutschland, gehört zu den großen Stützen des immerwährenden Staatschefs. Kaum ein Tag vergeht, ohne dass man Putin die Reverenz erweist, ihn hofiert und umschmeichelt.

Damit das in der Öffentlichkeit nicht allzu unangenehm auffällt, gibt’s zwischendurch einige kritische Worte, wenn mal wieder Menschenrechte mit Stiefeln getreten werden. Willkürjustiz, Korruption, Unterdrückung – schlimm, schlimm. Das war es dann aber auch mit den wortreichen Unmutsbekundungen. Schließlich geht es hier vor allem ums Geschäft, also Verlässlichkeit und Vertrauen. Einmischen in vermeintlich innere Angelegenheiten ist dabei fehl am Platz. Weil doch eine Hand die andere wäscht. Wer will sich’s schon mit einem verderben, der am Gas- und Ölhahn drehen kann und die Fußballbundesliga sponsert? Na also.

Nur sollte sich niemand der Illusion hingeben, er könne sich auf die schweigende, wegsehende Art und Weise Wohlwollen, geschweige denn Zurückhaltung erkaufen. Denn Putins unumschränkte Herrschaft im Innern ist eine wichtige Grundlage für außenpolitisches Auftrumpfen. Der einstige und künftige Kremlchef wird keine Gelegenheit auslassen, seine Macht zu demonstrieren. Und die gründet auf dem Recht des Stärkeren. Warum dann bescheiden? Eben, würde Wladimir Putin antworten. Die Welt ist nun wirklich nicht genug.

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Dr. Christian Böhme
Journalist

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