Starke Meinungen, 20. Oktober 2011

Tod eines Tyrannen

Warum Muammar Gaddafis Ende ein Grund zur Freude ist

Es darf gejubelt werden: Nach übereinstimmenden Nachrichten weilt Muammar al-Gaddafi nicht mehr unter den Lebenden. Vermutlich erschossen von den Aufständischen in seiner Heimatstadt Sirt. „Wir verkünden der Welt, dass Gaddafi durch die Hände der Revolution getötet wurde“, erklärte ein Sprecher des Nationalen Übergangsrates. Wahrlich ein historischer Moment. Mehr als vierzig Jahre lang hielt der libysche Diktator sein Land und die ganze Welt in Atem – mit von ihm in Auftrag gegebenem, von ihm finanziertem Terrorismus und zahlreichen öffentlichkeitswirksamen Eskapaden. Nun gehört der „Irre von Tripolis“ der Vergangenheit an. Und das ist wirklich eine gute Nachricht. Jetzt kann das geschundene Land endlich die Zeit seiner brutalen Schreckensherrschaft hinter sich lassen und die Zukunft in Angriff nehmen.

Das wird kein leichtes Unterfangen. Denn Gaddafi hat sein Volk unterdrückt und in gezielter Unmündigkeit gehalten wie kaum ein anderer Despot. Ein Folterknecht, unter dessen Willkür sechs Millionen Landsleute tagtäglich leiden mussten. Ein Leben in ständiger Angst – das ist das wahre Gesicht der „Regierung“ des Beduinensohnes. Darüber konnte auch sein exzentrisches Auftreten nicht hinwegtäuschen. Und wenn Gaddafi eines völlig fremd war, dann Skrupel. So trug er den Terror in die Welt. Der Absturz eines Pan Am-Flugzeugs über dem schottischen Lockerbie mit 270 Toten ging ebenso auf sein Konto wie der Anschlag auf die Berliner Diskothek La Belle. Einer, der zudem mit Giftgas herumhantierte, ein Atomprogramm auflegte und so auf Konfrontationskurs mit dem Westen ging.

Doch dann lenkte Gaddafi plötzlich um und vermeintlich ein. Fortan gab er den Geläuterten, verzichtete offiziell auf Vernichtungswaffen und entschädigte die Angehörigen der Opfer von Lockerbie. Die Staatengemeinschaft bedankte sich dafür mit der Wiederaufnahme des einst Ausgeschlossenen. Man kam miteinander ins Geschäft, politisch und wirtschaftlich. Regierungschefs und Unternehmer gaben sich im Zelt des obersten Libyers geradezu ein Stelldichein. Und der hielt gerne Hof.

Das würde er vermutlich heute noch tun, wenn ihm nicht der „Arabische Frühling“ in die Quere gekommen wäre. Beflügelt von den erfolgreichen Aufständen in Tunesien und Ägypten formierte sich wie aus dem Nichts auch in Libyen eine Oppositionsbewegung. Das Ziel der Rebellen: Gaddafi stürzen. Nun, nach vielen blutigen Monaten mit zahlreichen Opfern, hat sich ihre Hoffnung erfüllt. Der Tyrann ist tot. Gut so. Allerdings gibt es noch andere Despoten der Marke Gaddafi. Einer zum Beispiel treibt sein Unwesen in Syrien. Doch selbst Assads Zeit wird enden, hoffentlich schon bald.

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Dr. Christian Böhme
Journalist

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