Der Tagesspiegel, 7. Juli 2015

Nur keine Konzessionen

In Wien könnte es nach zähen Verhandlungen ein Abkommen mit dem Iran über sein Atomprogramm geben. Doch Vorsicht ist geboten

Benjamin Netanjahus Ausdauer ist schon bewundernswert. Immer wieder sagt Israels Regierungschef den gleichen Satz, wenn er gegen ein mögliches Abkommen mit dem Iran zu Felde zieht: Im jahrelangen Streit um das Atomprogramm sei kein Deal besser als ein schlechter. Und die sich andeutende Übereinkunft mit Teheran bestärkt ihn in seiner Haltung. In Wien endet heute die Frist für eine Vereinbarung.

Denn Israels Ministerpräsident ist davon überzeugt, dass die Welt mit den USA an der Spitze alle Prinzipien und Überzeugungen über Bord wirft – nur damit am Ende der Gespräche eine Einigung steht. Mit diesen Attacken hat sich Netanjahu schon vor langer Zeit ins diplomatische Aus katapultiert. Vor allem Barack Obama hält den Mann aus Jerusalem für einen notorischen Querulanten und beratungsresistenten Quertreiber, der nichts unversucht lässt, das "historische Projekt" zu hintertreiben.

Doch so einfach ist die Sache nicht. Israels Premier weiß sowohl einen großen Teil seiner Bürger als auch die Opposition hinter sich - und viele US-Politiker. Sie alle eint die Überzeugung, ein Iran unter der Herrschaft der Mullahs sei eine potenzielle Bedrohung - über die Region hinaus.

Von der Hand zu weisen ist dieser Vorwurf nicht. Syrien, Jemen, der Libanon: Der Iran versucht mit aller Macht und allen Mitteln, seinen Einflussbereich auszuweiten. Daher ist es entscheidend, dass ein Abkommen die militärische Nutzung der Atomkraft verhindert. Und dass Teheran sich an die Vorgaben hält und nicht wie bislang trickst und täuscht. Konzessionen kann, ja, darf es deshalb nicht geben. Auch wenn man sich noch so sehr nach einem Erfolg sehnt.

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Dr. Christian Böhme
Journalist

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