Starke Meinungen, 2. März 2012

Integration? Nicht mit uns!

Warum eine neue Studie über junge Muslime für große Aufregung sorgt

Peng! Zisch! Knall! Bleihaltiger Rauch liegt in der Luft. Kriegsgeheul von allen Seiten. Die Integrations-Schlacht tobt wieder einmal. Wie gehabt stehen sich Panikmacher und Beschwichtiger unversöhnlich gegenüber. Der Zankapfel der Woche: eine Studie des Bundesinnenministeriums mit dem schön klingenden Titel „Lebenswelten junger Muslime in Deutschland“. Dafür wurden unter anderem 900 Deutsche und Nicht-Deutsche telefonisch befragt.

Und siehe da, das vorgelegte 700-Seiten-Papier ist so willig, dass jeder aus ihm das herausliest, was ins eigene Weltbild passt. Die Alarmisten heben hervor, dass islamistische Tendenzen unter Muslimen immer gefährlichere Ausmaße annehmen, die Multikultifreunde betonen die Versäumnisse der hiesigen Mehrheits-Gesellschaft. Es ist zum Gähnen. Die Debatte ist so flach und öde wie das deutsche Tiefland.

Dennoch, dieses Mal dürfen sich die Panikmacher bestätigt fühlen. Sicherlich kann man zwar auch viel Positives aus der jetzt veröffentlichten Untersuchung ziehen. Zum Beispiel befürworten fast 80 Prozent der befragten deutschen Muslime die Integration. Aber beim Blick auf die anderen Ergebnisse der Studie muss man schon erschrecken.

Ein Viertel der jungen Einwanderer zwischen 14 und 32 Jahren ohne deutschen Pass ist integrationsunwillig. Diese Gruppe gibt zudem an, meist streng religiös zu sein, starke Abneigungen gegenüber dem Westen zu hegen und tendenziell die Anwendung von Gewalt zu akzeptieren. Fast die Hälfte der nicht deutschen Muslime zeichnet sich weiterhin durch „starke Separationsneigungen“ aus. Selbst 22 Prozent der deutschen Muslime haben nichts mit der Mehrheitsgesellschaft im Sinn und legen großen Wert auf ihre eigene Herkunftskultur. Man kann wohl kaum umhin, in diesen Ergebnissen eine Tendenz zur Radikalisierung zu erkennen.

Und was tun die wackeren Migrationsverbände, wie reagieren die braven Integrationspolitiker und die Heerscharen der unverbesserlichen Weichzeichner? Sie beben vor Zorn, schimpfen, reden der Islamophobie das Wort. Kein Wunder, so poltern diese Leute, dass der junge Muslim sich nicht integrieren will – man lässt ihn ja nicht, stigmatisiert diese Menschen als Bedrohung, schließt sie aus und fordere bedingungslose Assimilation ein. Mit anderen Worten: Die Versäumnisse liegen nach dieser Lesart ganz klar aufseiten der ach so gemeinen deutschen Mehrheitsgesellschaft. Aber, mit Verlaub, das ist Unsinn. Ja sogar ein Vorurteil.

Denn es wird unterstellt, hierzulande werde nichts oder eben allzu wenig für die Integration getan. Doch was dieser Staat auf die Beine stellt, um Menschen aus dem Libanon oder der Türkei einen guten Start zu bieten, ist aller Ehren wert. Doch das beste Angebot nutzt wenig, wenn es nicht angenommen wird. Eine große Zahl muslimischer Einwanderer steht diesem Staat, der westlichen Lebensart, seinen Werten mit großer, unverhohlener Skepsis gegenüber. Viele, das sollte man sich eingestehen, wollen deshalb einfach nicht dazu gehören. Sie grenzen sich bewusst selbst aus. Wir sind ihnen fremd und sollen es bleiben. Miteinander? Nein danke, kein Interesse.

Eine derartige Haltung mag uns verblüffen und enttäuschen. Aber sie deshalb in Abrede zu stellen, hilft niemandem weiter. Und es nützt rein gar nichts, wenn wir vor der Gefahr des militanten islamischen Fundamentalismus wahlweise die Augen verschließen oder den Kopf in den Sand stecken. Man muss ihm sich mit aller Kraft entgegenstellen. Und wenn ein Viertel der jungen nicht deutschen Muslime starke Abneigungen gegenüber dem Land empfindet, in dem sie leben, dann ist das bedrohlich.

In der „Welt“ schreibt Alan Posener: „Dass Ausgrenzung und Chancenlosigkeit Extremismus begünstigen, ist so wahr wie trivial. Das enthebt die offene Gesellschaft aber nicht der Pflicht, offensiv für ihre Werte einzustehen und gegen diejenigen vorzugehen, die ihr antidemokratisches, antiwestliches und antisemitisches Gift unter muslimischen Jugendlichen verbreiten.“ Man sollte an diese Worte denken, wenn die nächste Integrationsschlacht beginnt.



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Dr. Christian Böhme
Journalist

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