Jungle World, 12. März 2015

Namedropping

Böhmische Dörfer (52): Warum Stadiennamen für Sportreporter eine echte Herausforderung sind

Am Wochenende ist es wieder soweit: Bundesliga! Hunderttausende sitzen auf den Tribünen am Spielfeldrand und sind dabei, wenn die Mannschaft des Herzens versucht, das Runde ins Eckige zu bekommen. Mit von der Partie sind auch jene Millionen, die entweder vor dem heimischen Computer sitzen und gebannt auf den Liveticker schauen oder mithilfe des Radios das Geschehen verfolgen. Der große Rest der Fangemeinde guckt dann abends Sportschau. Ein paar Stunden gefühlige Stunden. Was braucht man(n) mehr!

Für Sportredakteure und -reporter allerdings sind die Samstage und Sonntage Stress. Berichte, Analysen, Interviews – das ganze Paket. Zuschauer und Zuhörer wollen ja umfassend informiert werden. Und das möglichst ausgewogen, also ohne Vorlieben für ein Team erkennen zu lassen oder gar für selbiges zu werben. Die allermeisten Kollegen halten sich an diese Grundregel journalistischer Redlichkeit. Richtig schwierig wird das allerdings, wenn’s um den Veranstaltungsort geht. Da kann es nämlich immer wieder passieren, dass die Medien sich zum ungewollten Handlanger großer Unternehmen machen. Ja, regelrecht vor den PR-Karren gespannt werden.

Das hat einen einfachen Grund. Heutzutage sind viele Fußballstadien – zum Leidwesen der Fans – nach großen Konzernen benannt. Das Recht dazu haben finanzstarke Sponsoren von den jeweiligen Klubs erworben, die dafür ihre notorisch klammen Kassen mit einem hübschen Sümmchen auffüllen können. Deshalb zeigen zum Beispiel die Bayern ihre Fußballkunst in der Allianz-Arena, kickt die Frankfurter Eintracht unter dem Dach der Commerzbank und müht sich der wackere Aufsteiger aus Köln im RheinEnergie-Stadion.

Das zahlt sich auch für die Firmen aus. Denn sie können ihre zuweilen recht leblosen Produkte, etwa eine Versicherung, emotional aufladen. Und Woche für Woche wird in den Medien für sie gewissermaßen schleichend geworben wird. Weil es ihnen geschickt gelungen ist, die journalistische Berichterstattung zu infiltrieren.

Der Spielraum der Journalisten, dieser PR-Falle zu entgehen, scheint gering. Die Örtlichkeit will ja korrekt benannt sein. Einerseits. Andererseits bietet das geschriebene oder gesprochene Wort ausreichend Möglichkeiten, diese Namensklippe zu umschiffen. Alles eine Frage des Augenmaßes.

In Berlin allerdings ist die Sache denkbar einfach. Im Olympiastadion bietet die Hertha zwar nur schale Fußballkost, doch eine neue Bezeichnng fürs weite Rund wird es wohl in absehbarer Zeit nicht geben. Es steht unter Denkmalschutz, gehört dem Land und ist schon für sich genommen eine Marke.

Übrigens können Journalisten dem Sponsorenwahn auch konkret etwas entgegensetzen: Sie brauchen nur jene Vereine zu loben, die den Stadien ihre alten Namen lassen. Die Fußballkulturnation wird es ihnen danken.

Kontakt

Dr. Christian Böhme
Journalist

Telefon: +49(0)176.32 73 83 34

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